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Westausgang zeichnet
das Bild einer Region. Stadtimages, mit denen Städte sich für
dem Markt präsentieren, sind heute ein gängiges Instrument des
Stadtmarketings. So ist Magdeburg eine Stadt mit Zukunft, München
eine Weltstadt mit Herz, Leipzig ist im Kommen und in Dessau hat die Zukunft
Tradition.
Illustriert werden
solche Versprechungen mit Fotos von Flugzeugen und aufstrebenden Hochhäusern.
Sie symbolisieren Dynamik, Wachstum und Fortschritt. Beigefügt werden
noch Bilder von sanierten Innenstädten, die die touristische Attraktivität
der Stadt hervorheben. Städte suchen mit solchen Bildern Investoren,
Touristen und gutqualifizierte Arbeitskräfte anzulocken und konkurrieren
untereinander um diese finanzkräftigen Gruppen, da sie die kommunale
Kasse auffüllen. Images sollen der Stadt eine unverwechselbare Identität
verleihen, die sie von anderen Städten unterscheidet und auszeichnet,
doch zumeist wiederholen sie das Immergleiche. Es wird vor allem die Zukunft
beschworen und die Gegenwart nur gestreift. Was dabei verschwindet, ist
die Vergangenheit und damit die gelebte Wirklichkeit der Stadt: die unterschiedlichen
alltäglichen Gewohnheiten und Praktiken, das Sorgen und die Sorgen
der Menschen , aber vor allem die vielfältigen Brüche, Verwerfungen
und Spannungen, die das städtische Leben ausmachen.. Solche Images
verschweigen mehr als sie sagen, erzeugen Tabus und Leerstellen, Orte
von denen man nicht spricht und an denen man jeden Tag vorbeigeht.
Diese Brüche
und Spannungen einer Region werden in der Installation Westausgang gezeigt.
Die Installation erzählt davon, wie sehr die Vergangenheit in die
Gegenwart hineinragt. Wie sehr sie sich nicht nur in die Erinnerungen
der Menschen niedergeschlagen, sondern auch in die Orte und Steine, Räume
und Gebäude eingeschrieben hat. Wenn die Schlote des Kraftwerks Vockerode
gesprengt werden, verschwindet nicht nur ein mit der Deindustrialisierung
funktionlos gewordenes Gebäude: ein Ort, mit dem eine Siedlung wuchs,
der mit dem Braunkohletagebauen verbunden war, ein weithin sichtbares
Orientierungszeichen auf dem Weg von Dessau nach Wörlitz und auf
einer Sichtachse des Wörlitzer Gartens konnte man als Bild der Schlote
entdecken. Entstanden ist dort nun eine Leerstelle. Vergangenheit, selbst
wenn sie nicht zur Geschichte geworden ist, ist uns alltäglich präsent,
da wir alltäglich damit umgehen.
Die anhaltische Region um Dessau ist eine Region mit einer wechselvollen
Geschichte. Sie ist geprägt von der ungeliebten Moderne des Bauhauses
und von einem kurzen industriellen Aufschwung in den zwanziger und dreißiger
Jahren, von den Gewalttätigkeiten und Traumata des Faschismus und
des Krieges, die anfangs noch erwartungsvollen Zeiten und zum Ende hin
resignative Phase der DDR und der hoffnungsfrohe und verunsichernde Aufbruch
der Wende.
Was eindringlich dargestellt wird, ist, wie bedeutsam und prägend
die Zeit des Krieges für die Stadt Dessau war. Mit der Rüstungsindustrie
kam es zu einem erheblichen Bevölkerungszuwachs und auch zu Stadterweiterungen,
da ja Siedlungen und Kleingärten für die herangeholten Arbeitskräfte
geschaffen werden mussten. Doch die Installation ist nicht eine Erzählung
der Geschichte. Sie ist Teil der Materialien, aus denen in der Medieninstallation
eine Gegenwart voller Spannungen und Konflikte entsteht. Es werden verschiedene
narrative Stränge miteinander verflochten, Erinnerungen von Zeitzeugen
und Aussagen zu den heutigen Ereignissen werden mit historischen Filmdokumenten
und Aufnahmen aus dem städtischen und wirtschaftlichen Leben der
Region kontrastiert. Die starke Identifikation und Verbundenheit der Bewohner
der Region mit der Industrie ist in den Erzählungen und den Bildern
immer präsent. Sie zeigt sich in den Risiken, dem Wagemut und den
großen Anstrengungen im Chaos der Wendezeit, um den Erhalt der Betriebe,
trotz der Filetierungen und Stillegungen. Und inzwischen spricht man auch
schon mit Stolz von seinen Leistungen und den Potentialen der ostdeutschen
Industrie. Ein andere Seite, in der sich Geschichte wiederholt und an
die man nur ungern erinnert wird, ist der Ausbruch von Brutalität,
der die ausländischen Mitbürger bedroht. So hat es trotz all
der häufigen Wechsel von Systemen Kontinuierungen im Wandel gegeben
und das Schweigen oder das Ignorieren darüber erzeugt eine Last,
die lähmen kann und gerade den Weg in die Zukunft behindert. Nicht
nur die Zeit des Faschismus, auch das Verhältnis zur Moderne ist
ungeklärt, sie hat noch immer nicht so recht einen Platz in der Stadt
Dessau gefunden.
Die Installation wurde als eine Rauminstallation konzipiert und die mediale
Inszenierung wie auch die Musik wurden für eine Kirche in Köthen
komponiert, wo die Installation zum ersten Mal gezeigt wurde. Die mediale
Form ist nicht ortlos, sondern das Mediale wurde an den Ort gebunden,
für den Ort gemacht. Dabei überlagern sich unterschiedliche
mediale Ebenen mit alltäglichen Wahrnehmungsweisen und städtischen
Ritualen. Es wird möglich, zu entdecken, wie sehr unsere Wahrnehmungsweisen
und Gewohnheiten durchdrungen sind von medialen Formen und Bildern. Das,
was wir sehen und vor allem wie wir die Dinge sehen ist nichts authentisches,
sondern geprägt von medialen Bildern und Informationen. Vor allem
wird deutlich wie sehr sich unsere Wahrnehmung mit den Medien verändert
hat und der mediale Blick uns zur Gewohnheit wurde. Bei diesen Entdeckungen
möchte ich Ihnen viel Vergnügen wünschen.
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